
Kurzes vorab: Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, weshalb ich auch Zitate auf Englisch einfügen werde. Der Rest des Artikels wird jedoch auf Deutsch sein. Hoffentlich führt es nicht zu zu viel Verwirrung, aber ich wollte weder eigenständig übersetzen, noch den Artikel ganz auf Englisch schreiben, deshalb diese Mischung. Lasst mich gerne wissen, wenn ihr eine andere Lösung vor Augen habt 😉
„Soulmates“ wasn’t something I had ever believed in. It was a Hollywood word – a notion created to sell romantic literature and movie rights. […] Of course, you’re always cynic before you fall in love yourself… The problem is, Hollywood, Stephenie Meyer, Mills and Boon – they got it right. Soulmates do exist. But what they fail to understand is that finding them isn’t always a good thing.
S. 5
So fängt das Buch an und mir ist direkt das Herz übergelaufen. Wir zerrissen sich eine Protagonistin schon auf der ersten Seite präsentieren kann wird hier perfekt abgezeichnet. Wie es genau zu diesem Urteil kam, dass es nicht immer gut ist das fehlende Puzzlestück, seine:n Seelenverwandte:n, Soulmate zu finden, wird im Buch klar.
Doch um wen geht es?
Poppy Lawson ist noch keine 18 Jahre alt und im letzten Jahr des College in Middletown, in der Nähe von London. Middletown ist laut ihr die durchschnittlichste, pathetischste und langweiligste Kleinstadt. Dort lebt sie mit ihren Eltern, die große Schwester Louise ist schon ausgezogen. Samstags gibt es die Veranstaltung der Woche – Band Night – was alles spannender klingt als es laut Poppy. ist Am Ende ist es nur ein Club, der sein großes Geld darin sieht, unbekannte Bands einzuladen und Minderjährige, natürlich unabsichtlich, reinzulassen, so dass der Club am Ende bis oben hin voll ist. Weil es eben nichts anderes in der Stadt gibt. Auch für Poppy und ihre Clique ist es das Event. Die vier Mädels haken sich beieinander ein und gehen zusammen durch die Straßen zum Club. Doch wer sind die vier? Da haben wir Lizzie – Elizabeth Heeley, angehende Journalistin, die alles kann, außer ein Geheimnis für sich zu behalten, da sie die gute Story natürlich ausschlachten und verbreiten möchte, so wie es sich für eine richtige Journalistin gehört. Dann haben wir Ruth Cosmos, die Hübsche der Clique, der niemand widerstehen kann und noch Amanda Price, schüchtern und zurückhaltend, doch auch nicht auf dem Mund gefallen, denn in den richtigen Momenten findet sie die richtigen Worte.
Die vier gehen zusammen zum College und verbringen auch sonst einiges an Zeit miteinander – es gibt ja auch viel zu besprechen, wenn man eine Freundin wie Lizzie hat, die jeden Klatsch & Tratsch als erste weiß. Und so bekommt auch genau sie mit, dass die Band „Growing Pains“ bei der Band Night auftreten wird. Noch unbekannt, aber angeblich aufstrebend, weshalb man sie auf keinen Fall verpassen darf. Die Gerüchte, dass es neben dem Sänger Ryan, den beiden Bandmitgleidern Jack und Will auch noch einen unglaublich gutaussehenden Gitarristen namens Noah geben soll, haben ihr Übriges getan und die Mädels – bis auf Poppy sind hin und weg. Am Ende findet sie sich dann doch auf der Veranstaltung wieder, inmitten der tanzenden, hüpfenden und schreienden Menschenmasse. Die schaut auf und ehe sie weiß, was passiert, hat sie eine Panikattacke und wird ohnmächtig. Nachdem es ihr besser geht, steht sie hinter der Menschenmasse, hört sich noch einen Teil des Konzertes an, bis sich die Blicke von ihr und dem Gitarristen treffen.
„ It happend for less than a second. For a tiny moment we just stared at each other, and my belly flip-flopped and my heart pounded. Than, as quickly as it started, it stopped. There was a massive bang and the band come to a sudden halt.“
S. 32
Nach dem abrupten Ende des Konzerts versucht Ruth den Gitarristen Noah mit ihrem Charme um den Finger zu wickeln. Doch der ist nur an Poppy interessiert und fragt besorgt, ob es ihr besser geht. Poppy ist davon nicht wirklich überrascht und möchte es gar nicht wahrhaben. Bei einer späteren Begegnung kommt sie zu folgendem Schluss:
„I was shaking. I felt so happy. I wanted to dance down the road. He couldn’t stop thinking about me! Me Plain, sceptical little me. But the rational part of my head was screaming at me to ignore these emotions: He will hurt you. He’ll get bored. And most importantly… something is wrong here. This guy makes you sick.“
S. 87
Was nun folgt ist eine der schönsten, einfachsten und dich nicht unkomplizierten Liebesgeschichten, die ich gelesen habe. Wie es weiter geht, was ein Verteidigungsministerium damit zu tun hat, warum das FBI plötzlich in Großbritannien ist und wie das Buch ausgeht, werde ich natürlich nicht vorwegnehmen. Dennoch möchte ich noch ein abschließendes Zitat mit euch teilen:
„I will always love you, for ever, with every bit of my soul. Whenever I feel the sun on my face I will think of you…“
S, 527
Das Buch spielt mit so vielen schönen Bildern, Holly Bourne schafft es, die Stimmung in solch präzisen Momenten transportiert, dass ich nicht anders konnte, als mir nach dem Lesen ein paar Bilder rauszusuchen und die Ästhetik der Geschichte einzufangen. Das Ergebnis könnt ihr hier und auf TikTok sehen:
Doch so schön das Buch auch ist, es ist natürlich nicht perfekt. Holly Bourne ist Feministin, schreibt ihre weiblichen Charaktere auch oft feministisch und doch kommt das Buch mit zwei sehr eindimensionalen Nebenrollen einher. Ruth ist einfach nur hot und sexy, spielt mit den Gefühlen aller und wird als egoistisch dargestellt. Es geht kein bisschen darum aufzuzeigen, dass es auch Teil einer selbstbestimmten Frau sein kann, viel Sex zu haben, da sie selbst bestimmen darf, wieviel Sex und wie viele Partner:innen sie haben möchte. Amanda hingegen bleibt die schüchterne, ruhige der Gruppe. Sie hat eindeutig ihre Momente im Buch, in denen angedeutet wird, dass mehr in ihr steckt, dass sie sehr wohl eigene Meinungen hat und diese auch gerne mitteilen würde. Und doch werden ihr nicht mehr Momente geschenkt. Gerade bei einem Buch, dass sich mit den Themen Feminismus und Mentale Gesundheit beschäftigt, finde ich es umso wichtiger, dass Facetten aufgezeigt werden. So wäre es genial gewesen, Amanda auch mit ihren Stärken zu zeigen, sie besser kennenzulernen.
Und damit sind wir auch schon beim größten meiner Kritikpunkte. Es geht einige Male im Buch um Noahs Depression sowie um Poppys Panikattacken und ihre Therapiesitzungen. Das wird oft sehr explizit beschrieben, wozu ich mir irgendwo – sei es auf dem Buchrücken, vor dem Prolog oder vor dem jeweiligen Kapitel – eine Triggerwarnung gewünscht hätte. Wer Holly Bourne kennt, weiß, dass es oft um Mentale Gesundheit geht, aber die Explizität der Szenen hat mich doch unvorbereitet getroffen. Zudem finde ich es schade, dass mal wieder der Therapeut nicht gut wegkommt. Junge Menschen sollten meiner Meinung nach auch durch solche Bücher lernen, dass es legitim ist, sich in solchen Momenten Hilfe zu suchen und dass sie diese in einer Therapie finden können. Sicher gibt es schlechte Therapeut:innen, sicher passt es nicht immer, aber so wie der Therapeut Dr. Ashley hier dargestellt wird und in die Geschichte eingebunden wird, lässt mich leider nur kopfschüttelnd zurück. Genauso auch einige Stellen, in denen bodyshaming genutzt wird, um einzelne Personen detaillierter beschreiben zu können. Warum muss der eh schon unsympathische und mürrische Türsteher nochmal explizit als besonders dick bezeichnet werden? Wieso ist das die einzige Beschreibung seines Körpers? Wie wäre es mit Zornesfalten auf der Stirn, einer Körperhaltung die seine Unlust ausdrückt, verschränkte Arme, dunkle Kleidung… Die Liste an Möglichkeiten, wie er einfach beschrieben werden könnte um seine Ausstrahlung zu unterstreichen ist endlich. Da ist nun wirklich kein fatshaming notwendig, besonders nicht in einem feministischen Buch.
Das ist natürlich meckern auf hohem Niveau, denn erstmal ist auszuzeichnen, dass Holly Bourne sich diesen Themen überhaupt annimmt, Mentale Gesundheit repräsentiert und das in einem doch auch schönen und lebensnahen Zustand. Die Ideenentwicklung mit Phantasy-Anteilen macht es leichter verdaulich und lässt das gesamte Buch leichter wirken und doch nicht ganz seinen Ernst verlieren.
Alles in allem ein Buch, welches ich sehr gerne innerhalb eines Tages verschlungen habe und sicherlich auch nochmal lesen werde.